Solidarität statt Rivalität
Konsequenter Polizeieinsatz ermöglicht ein Aufeinandertreffen von solidarisierenden FCZ- und FCB-Fans. Anlässlich dieser Konfrontation kam es zu folgendem Communiqué.
Seit dem Gastspiel in Zürich vom 23. Oktober 2011 verfolgt die Polizei in Zürich eine neue Strategie, welche vorsieht, dass Fanmärsche eng begleitet und beim kleinsten Vergehen gewaltsam aufgelöst werden. In einem Kessel mit Wasserwerfern vor und hinter der Gruppe und mit behelmten Polizisten, die fast Schulter an den Schulter mit den Fans laufen, sollen diese zum Stadion begleitet werden. Nachdem die Basler Fans beim erwähnten Spiel nach ihrer Ankunft in Altstetten geschlossen die Rückreise antraten, kam es wegen ebenjener Strategie beim nächsten Spiel in Zürich gegen GC am 10. März 2012 zu einer individuellen Anreise mit Besammlung im Hauptbahnhof. Kurz darauf gab es in der Bahnhofsstrasse einen bis heute unbegründeten Gummischroteinsatz.
Auch für das gestrige Spiel hielt die Polizei an ihrer Einsatzdoktrin fest. Aufgrund dessen entschlossen sich die Zürcher Südkurve und die Muttenzerkurve Basel zu gewaltlosen Gegenaktionen: Die Fans des FC Basel reisten ihrem verfassungsmässig garantierten Recht auf Bewegungsfreiheit folgend mittels Privatautos an, während sich die Fans des FC Zürich um 13.30 Uhr am Helvetiaplatz trafen, um von dort zu Fuss zum Letzigrund zu gelangen. Damit sollte der Stadtbevölkerung sowie der Stadtpolizei vor Augen geführt werden, dass ein farbiger und feuriger, jedoch meist friedlicher Fussmarsch zum Stadion keine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit darstellt. Während die Polizei den Marsch der Zürcher Fans vorerst nur mit einem geringen Aufgebot begleitete, wurden die FCB-Fans auf der Gottlieb-Duttweiler-Brücke eingekesselt.
Wäre es einzig um die Trennung der Fanlager gegangen, hätte die Polizei die FCB-Fans auf der Duttweilerbrücke kurz aufhalten und den Marsch der FCZ-Fans zum Stadion leiten können. Eine Einkesselung und Fichierung der Fans des FC Basels und die damit verbundene Konsequenz, dass diese nicht rechtzeitig zum Anpfiff ins Stadion gelangen konnten, war nicht erforderlich und damit auch nicht verhältnismässig. Sowohl die Muttenzerkurve als auch die Südkurve vertreten die Ansicht, dass die Fankurven und die von ihnen ausgehende Stimmung auf den Rängen elementare Bestandteile eines Fussballspiels darstellen. Da der Klassiker FCZ-FCB aufgrund eines völlig unverhältnismässigen Polizeieinsatzes nun bereits zum zweiten Mal ohne Gästefans stattfand, entschlossen sich die Fans der Südkurve spontan dazu, die Solidarität an die Stelle der Rivalität treten zu lassen und das Stadion zu verlassen. Es sollte damit auch ein Zeichen gegen die zunehmend repressive und unverhältnismässige Sicherheitspolitik der Stadtpolizei Zürich gesetzt sowie daran erinnert werden, dass auch Fussballfans selbstbestimmte Individuen darstellen, die den Schutz verfassungsmässiger Rechte, wie z.B. der Bewegungsfreiheit, geniessen.
Entgegen der Mitteilung der Polizei, gemäss der nur ein Grossaufgebot von Stadt- und Kantonspolizei Zürich ein Aufeinandertreffen zwischen den Anhängern der beiden Clubs verhinderte, präsentierte sich die Ausgangslage folgendermassen: Ohne das unverhältnismässige Vorgehen der Polizei wäre es nie zu einer Situation mit FCB-Fans auf der Duttweiler-Brücke und dem FCZ-Fanlager in der Hohlstrasse gekommen. Der Strategiewechsel der Polizei führt zu einer neuen, viel unübersichtlicheren Ausgangslage, in der das Aufeinandertreffen der Fangruppen viel wahrscheinlicher wird. Auch im Sinne der Gesamtsicherheit muss die neue Polizeitaktik deshalb in Frage gestellt werden.
Den Mehraufwand mit einem Polizeihelikopter, drei Wasserwerfern, abgesperrten Autobahnraststätten und einer bisher unerreichten Anzahl an Einsatzkräften, den die Polizei betreibt, hat sie sich selber auferlegt und wird sie mit diesem Vorgehen auch in Zukunft nicht reduzieren können.
Vorfälle, wie sie sich am 11. Mai 2011 im Gästesektor des Letzigrund-Stadions ereigneten, werden unter anderem auch strafrechtlich aufgearbeitet. Sie können aber nicht als Rechtfertigung dienen, nun anlässlich jeder Begegnung zwischen dem FC Zürich und dem FC Basel sämtliche Fans der Gästemannschaft unter Generalverdacht zu stellen, diese einzukesseln, zu fichieren und ganze Stadtquartiere quasi zu militarisieren, um anschliessend über ein übermass an Einsatzstunden und hohe Kosten für die Steuerzahler zu klagen.