Wie weit reichen die Kompetenzen privater Sicherheitsleute im Fussball?
Ein Delta-Mann soll einem FCZ-Fan die Faust ins Gesicht geschlagen haben. Laut Gesetz dürften private Sicherheitsleute nicht einmal seine Personalien aufnehmen.
Von Dario Venutti Zürich. Am Mittwochabend ereignete sich für Schweizer Fussballverhältnisse Aussergewöhnliches im Hardturm-Stadion: Noch mehr als eine Stunde nach Spielende brachten Hunderte von FCZ-Fans ihre Freude über den 2:1-Sieg des Titelhalters gegen den FC Sion mit anhaltenden Gesängen zum Ausdruck.
Für Alesch Hagen endete die Party allerdings mit Nasenbluten und zwei Beulen am Kopf. Der 26-Jährige wurde nach eigenen Angaben beim Verlassen des Stadions von zwei Männern des Sicherheitsdienstes Delta ohne Vorwarnung ergriffen und zu Boden geworfen. "Ich habe mich nicht gewehrt", sagt Hagen. Trotzdem habe ihn einer der Delta-Männer in den Polizeigriff genommen und der andere mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Später sei er in einen Raum geführt und fotografiert worden. Hagen wird vorgeworfen, am letzten Sonntag beim Spiel des FCZ in Sitten pyrotechnisches Material gezündet zu haben, was im Schweizer Fussball verboten ist. Laut Christian Schöttli, Sicherheitschef des FC Zürich und gleichzeitig Geschäftsleitungsmitglied der Firma Delta, liegen Beweise vor in Form eines Films und Fotografien.
Hagen bestreitet dies. Ihm droht ein landesweites Stadionverbot.
"Es war eine Routinekontrolle", behauptet hingegen Schöttli, der im Hardturm vor Ort war. "Mir ist nicht bekannt, dass Gewalt angewendet wurde", sagt er. Laut einem Augenzeugen, der anonym bleiben will, hätten die Deltas auch gegen andere Fans Gewalt mit Schlagstöcken ausgeübt, die sich mit Hagen solidarisierten und die Sicherheitsleute beschimpften. Auf dem Forum der "Südkurve" schreibt ein Fan, Schöttli habe weitere Verletzte angedroht. Letzterer bestreitet dies.
Wie auch immer - das Vorkommnis wirft auf jeden Fall die Frage nach den Kompetenzen privater Sicherheitsfirmen auf. Angesichts der "null Toleranz"-Strategie des FC Zürich häufen sich die Klagen von Fans über übergriffe. Gemäss Gesetz ist Sicherheitsleuten lediglich erlaubt, verdächtige Personen anzuhalten, jedoch nicht Personalien aufzunehmen, wie es im Fall von Alesch Hagen geschehen ist. Danach muss die Polizei eingeschaltet werden (Paragraf 55 des Strafprozessordnung des Kantons Zürich). Schöttli hingegen behauptet, Personenkontrollen durch private Sicherheitsleute seien im Fussball gang und gäbe und durch Reglemente gestützt.
Alesch Hagen will gegen den Delta-Mann Anzeige erstatten. Er will verhindern, ein zweites Mal "ein Opfer von Willkür" zu werden. Bereits 2005 wurde er wegen Rassendiskriminierung mit einem Stadionverbot belegt. Dabei ist er Mitglied einer Ultragruppierung, die ein antirassistisches Selbstverständnis hat. Das Verfahren gegen ihn wurde mangels Beweisen eingestellt.
Quelle: Tages Anzeiger, 20.4.2007